Dienstag, 27. September 2016

Oversetter gesearched

Wir haben uns kaum von den Strapazen der letzten Woche erholt da ziehen Franz und ich erneut Richtung Norden. Heldenhaft trotzen wir Müdigkeit, Stau, Stau, 800km, Wegelagerern, Drachen und Stau nur um bei Bremen eins auf die Rübe zu bekommen. Twistringen um genauer zu sein.
Dort findet nämlich das 25. Budowochenende statt. Für uns ist's das erste Mal.
Ich habe nur eine grobe Vorstellung davon was uns erwartet, die ganze Sache war von sehr spontaner Natur. Erst am Montag der selben Woche bekamen wir Bescheid; Jemand hat abgesagt, wir können deren Zimmer haben.

Die Anreise

Inzwischen fahren wir schon eine geraume Weile. Die Landschaft hat sich seit der zerfurchten Schweiz stetig abgeflacht und weist nun kaum mehr als eine Delle vor. Wie Pilze spriessen überall Windräder aus dem Boden.
Als die Nacht einbricht und unsere Welt auf den Kegel des Scheinwerfers reduziert sehen wir nur noch deren rote Warnleuchten in der Ferne. Hunderte zu beiden Seiten.
Franz liegt mir erneut in den Ohren wegen einem Pils. Ohh, wie freut er sich auf ein Pils.
Dann endlich kommt die Erlösung. Das Hotel Classico ****. Wir beziehen unsere Zimmer in dem edlen Schuppen und setzten uns an die Bar. Zunächst mit Rainer und seiner Frau Ruth. Und später mit den Neuankömmlingen aus der Schweiz. Horst, Florian und der Dritte (entweder war das sein Name oder ich habe den seinen vergessen) vom Gojukai Karate Graubünden. Olga, die Geschäftgsleiterin, serviert uns noch eine köstliche Kürbiscremesuppe bevor wir uns dann aufs Ohr hauen.


Wanderschaften

Nach einem üppigen Frühstück und noch einigen Stunden bis Kursbeginn machen wir uns daran die Metropole Twistringen zu erkunden. Backsteinhäuser reihen sich an Backsteinhäuser, umzäunt von Backsteinmauern die das Backsteingrundstück von der Backsteinstrasse trennen. Backstein!
Neben riesigen Fussgänger-Schildern von der Grösse von grossen Fussgänger-Schilden und Kino-Leuchten aus den 80ern (und Backstein) gibt's nicht viel zu sehen.




Der Kurstag

Nach einem chaotischen Angrüssen mit 8,37 Reihen und null Ordnung beginnt das Aufwärmen. Eine Mischung aus Aerobic und Tai Chi, erklärt uns Rainer - Aha.
Eine in Neonfarben gekleidete Dame macht's vor. Wenn das Ganze auch ein wenig doof aussieht so muss ich gestehen, dass mir schnell warm wird und ich bereit bin für den Trainingsbetrieb.

Auf unserer Matte instruiert als erstes der Spanier Jose Manuel Morales Peral (den Namen hab ich natürlich auswendig gewusst).  Hier allerdings das erste Problem: Er spricht nur Spanisch. 
Zum Glück hab ich meinen Schweizer-Taschen-Franz dabei der fünf Sprachen spricht und spontan als Dolmetscher einspringt. Ich selbst werde dem Spanier als Uke zur Verfügung gestellt wie ich dann erfahre. 
Er arbeitet kräftig und brutal aber präzise und kontrolliert. Jeder Hebel und jede Festlegetechnik tut weh hinterlässt allerdings keine bleibenden Beschwerden (ausgenommen ein paar blauen Flecken und Schürfungen aber das gehört schliesslich dazu).
Die erste Lektion vergeht wie im Flug. Es folgt eine halbe Stunde Pause mit obligatem Kuchen.
In der zweiten Lektion bleiben wir nicht auf Matte zwei sondern ziehen mit dem Spanier weiter.
Dort wiederholen wir das ganze. Kote Gaeshi, Kopfdrehgriff, Knie im Hals, Irimi Nage und all die anderen schön schmerzhaften Anwendungen.


Sechs Viertel vor Abendmahl ist der Trainingstag dann zu Ende. Wir sprechen uns mit den Organisatoren ab und beziehen unsere Budopässe und Geschenke frühzeitig, denn wir müssen am Folgetag bereits wieder um zehn Uhr losfahren.

Aber zuerst wird noch gefeiert! 

Im Gasthaus zur Börse wurde ein gewaltiges Buffet hergerichtet. Bratkartoffeln, Pommes Frites, Schnitzel, Gemüse, Salat, Wurst glaube ich auch? und wahrscheinlich noch anderes Zeug an das ich mich nicht erinnere. Dazu gibt's das beste Bier der Welt. - Freibier. 

Nun da der Saal sowie die Gäste dann voll sind kommt es noch zu einer Demonstration der Samuraischule Piepenbrink (Ersetzte Piepenbrink gerne mit dem echten Namen, wenn mir den wer sagen kann).  Zunächst wird zweimal eine Schwertkata im Duo vorgeführt. Dann folgten eine freie Vorführung welche die Geschichte zweier junger, kampflustigen Samurai erzählt. Eine blutrünstige Kriegerin demonstrierte uns danach ihr Können bevor der grosse Meister selbst einen Schnitttest mit seinem Katana macht. 

Der Rest des Abends verläuft lustig angeheitert, mit jede Menge Gesprächen, Bier, Tanzen (wenn man es so nennen will), Diskussionen über wer jetzt welchen Asterix Band nicht besitzt, blöde Witze und noch mehr Bier. 
Wer das Fest bis zum bitteren Ende durchhält wird mit anschliessendem Scampi-essen beim Griechen belohnt dafür aber mit 'nem dicken Schädel und 'ner pelzigen Zunge gestraft. 















Die Heimreise

Hier gibt's nicht viel zu Berichten. Nach einem mehrheitlich aus Kaffee bestehendem Frühstück machen Franz und ich uns reumütig auf den Weg nach Hause. Gerne hätten wir am zweiten Tag teilgenommen. 

Fazit

Schön war's. Spass hat's gemacht. Wir kommen wieder! 


Donnerstag, 22. September 2016

Zwei Schweizer im wilden Osten

Die Anreise

Ich komme in Müllheim an. Franz wartet bereits auf der Strasse. Er kann's kaum erwarten.

Noch rasch Gepäck umladen, Kaffee trinken und dann kann's auch schon los gehen. Nebst Vorfreude und eine Menge Motivation reisen Franz' Kinder Manuel und Jasmin mit uns. 


Unser Ziel: Der Hanbo-Lehrgang in Leipzig.

Müllheim - Leipzig


Zuerst steuern wir allerdings Lichtenstein im Sachsen-land an um die Kinder bei ihren Grosseltern auszuladen und zu übernachten. Nach etwa 3 Stunden Stau, mal mehr mal weniger heftigem Regen und Halt an einer Raststätte, an der Manuel seinem Grossvater auf die Hand geschissen hatte (im Kleinkindalter, wie mir versichert wurde) macht sich Erleichterung in mir breit als wir um halb drei Uhr morgens endlich die erste Etappe unseres Ausflugs absolviert haben. 

Nach einem drei Bier und lockeren Gesprächen beziehen wir unser Zimmer im Gasthof StaDres. Ein geräumiges Bad, saubere Betten, eine Couch und TV. Es ist alles etwas in die Jahre/Jahrzehnte gekommen aber in top Zustand und kostet läppische 22€/Tag/Person.


Der Kurstag

Der Wecker geht viel zu Früh ab. Graziös wie Gazellen (*siehe Bild) stehen wir auf und nehmen nach einem ausgiebigem Frühstück im anliegenden Restaurant den 90-Minütigen Weg zum Kursort auf uns.

*Die Gazelle
Nach minimalen Navigationsschwierigkeiten finden wir uns zu unserer Überraschung vor dem Präsidium der Bereitschaftspolizei wieder. Wir tauschen unsere Identitätskarten am Eingang gegen Besucherpässe ein. Der Beamte blickt ein wenig verdutzt.

Noch bevor wir uns Anmelden können werden wir von freundlichen Deutschen überrannt, die uns Willkommen heissen. 
Wir ziehen uns um und schwatzen dann gelassen bis plötzlich dutzende Leute auf die Matte strömen. - Kursbeginn.
Ich ordne mich bei den 1. Kyu ein. Beim Blick nach rechts fällt auf, dass nur wenige Dan-Grade erschienen sind. Schade eigentlich. 
Angegrüsst wird im Stand, ob dass im Deutschen die Norm ist, sie Zeit sparen wollen oder einfach zu faul sind bleibt offen zur Interpretation. 

Das Aufwärmen wird selbstverständlich mit Hanbo durchgeführt. Von einfachen Übungen um ein Gefühl für die Waffe zu entwickeln, über Liegestütze und Rumpfbeugen mit dem Stock ist alles dabei. Warm wird mir allemal auch ohne die zusätzlichen Liegestütze, wenn ich die Waffe mal fallen lasse.

Danach trennt sich die Gruppe.
Die erste Lektion für Danträger und 1. Kyus wird in der grossen Halle (ohne Tatami) von Rudi Strobel geleitet. Eine Kata mit dem Katana. Sehr interessant, allerdings nicht was ich an einem Hanbokurs erwarten würde. Gelernt habe ich trotzdem sehr viel - nicht die Kata, den Grossteil habe ich schon wieder vergessen aber viele Details und Kniffe im Umgang mit dem Schwert, was sich an meiner bevorstehenden Dan-Prüfung als sehr nützlich erweisen wird. Zwischendurch kommt der Rudi zu mir und korrigiert meine Haltung. Er lächelt mich an und wuselt dann davon um auch die anderen zu unterstützen. 
Dann plötzlich ist die Lektion auch schon rum. 

Mahlzeit!

Wurst mit Kartoffelsalat. Danach leckeren Kuchen und Kaffee, der ruhig ein wenig stärker sein dürfte.

In der zweiten Lektion boten uns Richie und Rudi einen Einblick in die Partner-Kata, deren Namen ich vergessen habe. Hanbo gegen Katana. Leider bleibt's beim Einblick. Die Zeit ist zu knapp bemessen und wir kommen kaum über die dritte Anwendung heraus. Wenn sich aber irgendwann die Gelegenheit ergibt werde ich dazu einen separaten Lehrgang besuchen. (Das wäre ne Aufforderung gewesen an die Instruktoren.)

Nach einer kurzen Pause (und mehr Kuchen) beginnt unsere dritte Lektion. Zugangstechniken mit Steffen Lingslebe. Wie die beiden anderen Instruktoren trägt er den schwarzen Gurt jedoch noch keine weissen Haare. 
Er überzeugt mich mit seinem Auftreten, guten Erklärungen und seinem Uke, der sich bei jeder Kontrolltechnik vor Schmerzen windet. Ausserdem lässt er uns genügend Zeit zum üben und belässt es bei fünf Anwendungen. Genug ums spannend zu halten aber auch nicht zu viel. 

Beendet wird der Kurs mit einer Feedback-runde an die Instruktoren. 
Nach dem Abgrüssen helfe ich fleissig beim Abräumen des Mattenfelds mit und Franz trägt auch eine Tatami nach draussen.

Wir werden zum Abendessen im Glücksboot eingeladen. 
Ein toller Abend mit "chinesischem" All-you-can-eat Buffet, Bier und, wie sich herausstellte, Froschschenkel rundet den Kurs perfekt ab.

Die Heimreise

Zu unheilig frühen Morgenstunden (09:00) brunchen wir bei den Grosseltern. Speck, Kartoffeln, Rührei, Aufschnitt, Marmelade und jede Menge Kaffee. 
Die Familie trennt sich schlussendlich widerwillig. Wir haben noch viele Kilometer vor uns.
Nach kurzer Zeit rächt sich der viele Kaffee und wir müssen mehrere Stopps einlegen. 
Bei unserem zweiten Stopp auf der Frankenhöhe trifft mich beinahe der Schlag. 
Seh ich vor mir eine alte Flamme von mir stehen. Wir tauschen uns kurz aus. Sie kommt gerade aus dreiwöchigen Ferien in Schweden. Wir belassen es bei Smalltalk und gehen dann wieder unserer Wege. 

Der Rest des Weges verläuft unspektakulär und zum Glück absolut staufrei. 
Um Acht Uhr abends erreichen wir Müllheim. 

Fazit

2 Tankfüllungen und 1510 Kilometer. Keine 100€ für Verpflegung und Unterkunft, 30€ für den Kurs und ein weiterer Eintrag im Budopass. Super Leute, Super Kurs, Super geil. 

Für uns ist klar: Kurse in der Schweiz sind nicht mehr genug. 
Ihr werdet uns wieder sehen.